Das Evangelium nach Markus

Kapitel 1: Johannes der Täufer

1 Anfang der Frohbotschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.

2 Wie beim Propheten Jesaja geschrieben steht: "Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der dir den Weg bereiten soll.

3 Eine Stimme ruft in der Wüste: 'Bereitet den Weg des Herrn! Macht eben seine Pfade!'"

4 So trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden.

5 Das ganze Land Judäa und alle Bewohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus. Sie ließen sich von ihm im Jordan taufen und bekannten dabei ihre Sünden.

6 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüfte. Er nährte sich von Heuschrecken und wildem Honig.

7 Er verkündete: "Der nach mir kommt, ist mächtiger als ich; ich bin nicht würdig, mich niederzubeugen, um den Riemen seiner Sandalen zu lösen.

8 Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen."

 

Taufe Jesu

9 In jenen Tagen kam Jesus von Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.

10 Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, wie der Himmel sich öffnete und der Geist gleich einer Taube auf ihn herabschwebte.

11 Und eine Stimme aus dem Himmel erscholl: "Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen."

 

Versuchung Jesu

12 Alsbald trieb ihn der Geist hinaus in die Wüste.

13 Vierzig Tage blieb er in der Wüste und wurde vom Satan versucht. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.

 

Jesu öffentliches Wirken in Galiläa

Zustimmung und Widerspruch

Die ersten Jünger

14 Nachdem Johannes eingekerkert war, begab sich Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes

15 mit den Worten: "Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium!"

16 Als er am See von Galiläa entlangging, sah er, wie Simon und Andreas, der Bruder des Simon, auf dem See die Netze auswarfen. Sie waren nämlich Fischer.

17 Jesus sagte zu ihnen: "Folgt mir! Ich will euch zu Menschenfischern machen."

18 Sogleich ließen sie die Netze liegen und folgten ihm.

19 Als er ein Stück weitergegangen war, sah er Jakobus, den (Sohn) des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes im Boot beim Ausbessern der Netze.

20 Sogleich rief er sie. Sie ließen ihren Vater Zebedäus mit den Tagelöhnern im Boot und folgten ihm nach.

 

Heilung eines Besessenen

21 Sie kamen nach Kafarnaum. Am Sabbat begab er sich in die Synagoge und lehrte.

22 Und die Menschen wurden durch seine Lehre erschüttert; denn er lehrte sie wie einer, der Macht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.

23 In der Synagoge war ein Mann, beherrscht von einem unreinen Geist. Der schrie:

24 "Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, uns zu verderben? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes."

25 Jesus drohte ihm und sagte: "Schweig und fahre aus von ihm!"

26 Der unreine Geist zerrte ihn hin und her und fuhr mit lautem Geschrei von ihm aus.

27 Da erschauderten alle, und fragten einander: "Was ist das für eine neue, machtvolle Lehre? Selbst den unreinen Geistern gebietet er, und sie gehorchen ihm!"

28 Sein Ruf verbreitete sich schnell überallhin in der ganzen Umgebung von Galiläa.

 

Im Haus des Petrus

29 Als er die Synagoge verlassen hatte, ging er mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas.

30 Simons Schwiegermutter lag mit Fieber danieder. Sie erzählten ihm von ihr.

31 Da trat er zu ihr, nahm sie bei der Hand und richtete sie auf. Sofort wich das Fieber von ihr, und sie bediente sie.

32 Am Abend, nach Sonnenuntergang, brachte man alle Kranken und Besessenen zu ihm.

33 Die ganze Stadt drängte sich vor der Haustür zusammen.

34 Er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Den Dämonen jedoch verbot er zu reden, weil sie ihn kannten.

 

In der Umgebung von Kafarnaum

35 In aller Frühe, als es noch völlig dunkel war, erhob er sich, ging hinaus an einen einsamen Ort und betete.

36 Simon und seine Gefährten eilten ihm nach.

37 Als sie ihn gefunden hatten, sagten sie zu ihm: "Alle suchen dich."

38 Er erwiderte ihnen: "Laßt uns anderswohin, in die umliegenden Ortschaften gehen, damit ich auch dort predige; dazu bin ich ja gekommen."

39 So zog er durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus.

 

Die Heilung eines Aussätzigen

40 Ein Aussätziger kam zu ihm, fiel vor ihm auf die Knie, flehte ihn an und sagte: "Wenn du willst, kannst du mich rein machen."

41 Voll Erbarmen streckte Jesus die Hand aus, rührte ihn an und sagte: "Ich will es; sei rein!"

42 Sogleich wich der Aussatz von ihm, und er wurde rein.

43 Mit strengen Worten schickte ihn Jesus weg und gebot ihm:

44 "Sieh zu, daß du niemand irgend etwas sagst. Geh vielmehr hin, zeige dich dem Priester und bringe für deine Reinigung das Opfer dar, das Mose vorgeschrieben hat. Das diene ihnen als Zeugnis."

45 Der aber ging weg und machte überall bekannt, was ihm widerfahren war. Daher konnte Jesus öffentlich eine Stadt nicht mehr betreten. Er hielt sich vielmehr draußen an einsamen Orten auf. Aber die Leute kamen von allen Seiten zu ihm.

 

Kapitel 2: Heilung eines Gelähmten

1 Nach einigen Tagen kam er wieder nach Kafarnaum. Es wurde bekannt, daß er zu Haus sei.

2 Da strömten so viele Menschen zusammen, daß der Platz vor der Tür nicht mehr ausreichte. Und er verkündete ihnen das Wort.

3 Da kamen Leute mit einem Gelähmten zu ihm; vier Männer trugen ihn.

4 Wegen der Volksmenge konnten sie ihn nicht zu Jesus hinbringen. So deckten sie da, wo Jesus sich befand, das Dach ab, machten eine Öffnung und ließen die Bahre mit dem Gelähmten hinab.

5 Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: "Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!"

6 Es saßen da aber auch einige Schriftgelehrte. Die dachten bei sich:

7 "Wie kann dieser so reden? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?"

8 Jesus erkannte in seinem Geist, daß sie so dachten, und sagte zu ihnen: "Warum denkt ihr so in euren Herzen?

9 Was ist leichter: zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben!, oder zu sagen: Steh auf, nimm deine Bahre, und geh umher?

10 Ihr sollt aber wissen, daß der Menschensohn die Macht hat, hier auf Erden Sünden zu vergeben." Und er sagte zu dem Gelähmten:

11 "Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Bahre und geh nach Haus!"

12 Er stand auf, nahm seine Bahre und ging sogleich vor aller Augen hinaus. Da gerieten alle außer sich, priesen Gott und sagten: "So etwas haben wir noch nie gesehen."

 

Berufung des Levi

13 Jesus ging wieder hinaus an den See. Alles Volk kam zu ihm, und er lehrte es.

14 Im Vorübergehen sah er Levi, den des Alphäus, am Zollamt sitzen. Er sagte zu ihm: "Folge mir!" Er stand auf und folgte ihm.

15 Als Jesus dann in Levis Haus zu Tisch saß, aßen mit ihm und seinen Jüngern – denn viele folgten ihm – auch viele Zöllner und Sünder.

16 Als nun die Schriftgelehrten aus den Reihen der Pharisäer sahen, daß er mit Zöllnern und Sündern aß, sagten sie zu seinen Jüngern: "Mit Zöllnern und Sündern ißt er!"

17 Jesus hörte es und sagte zu ihnen: "Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu berufen, sondern Sünder."

 

Fastenfrage

18 Die Jünger des Johannes und die Pharisäer hatten einen Fasttag. Da kamen sie und fragten: "Warum fasten die Jünger des Johannes und der Pharisäer und deine nicht?"

19 Jesus erwiderte ihnen: "Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen weilt? Solange sie den Bräutigam bei sich haben, können sie nicht fasten.

20 Es werden aber Tage kommen, da der Bräutigam ihnen entrissen sein wird. An jenem Tag werden sie fasten.

21 Niemand näht einen Flicken von neuem Tuch auf ein altes Kleid, sonst reißt der neue Flicken von ihm ab, das Neue vom Alten, und es entsteht ein ärgerer Riß.

22 Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche ab, sonst sprengt der Wein die Schläuche und Wein und Schläuche sind verdorben. Neuer Wein muß in neue Schläuche."

 

Ährenrupfen am Sabbat

23 Am Sabbat ging er einmal durch Kornfelder. Seine Jünger rupften im Vorbeigehen Ähren ab.

24 Da sagten die Pharisäer zu ihm: "Sieh doch! Warum tun sie am Sabbat, was nicht erlaubt ist?"

25 Er entgegnete ihnen: "Habt ihr nie gelesen, was David tat, als er Not litt und ihn und seine Begleiter hungerte?

26 Wie er zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar in das Haus Gottes ging und die Schaubrote aß, die nur die Priester essen dürfen? Auch seinen Gefährten gab er davon."

27 Und er sagte ihnen: "Der Sabbat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Sabbats willen.

28 Daher ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat."

 

Kapitel 3: Heilung am Sabbat

1 Er ging wiederum in die Synagoge. Dort war ein Mann mit einer gelähmten Hand.

2 Sie gaben acht, ob er ihn am Sabbat heile, um Anklage gegen ihn erheben zu können.

3 Da sagte er zu dem Mann mit der lahmen Hand: "Stelle dich in die Mitte!"

4 Dann fragte er sie: "Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses, ein Leben retten oder es zugrunde gehen lassen?" Sie schwiegen.

5 Betrübt über ihre Herzenshärte, schaute er sie ringsum zornig an und sagte zu dem Mann: "Streck deine Hand aus!" Er streckte sie aus, und seine Hand wurde wiederhergestellt.

6 Da gingen die Pharisäer fort und faßten mit den Anhängern des Herodes den Beschluß, ihn zu vernichten.

 

Jesus und die Jünger

Zulauf des Volkes

7 Jesus zog sich mit seinen Jüngern an den See zurück. Eine große Volksmenge aus Galiläa aber folgte ihm. Auch aus Judäa

8 und Jerusalem, aus Idumäa, aus der Gegend jenseits des Jordan sowie aus der Umgebung von Tyrus und Sidon kamen zu ihm viele, die von all dem gehört hatten, was er tat.

9 Da sagte er zu seinen Jüngern, wegen der Volksmenge solle ein Boot für ihn bereitliegen, damit er nicht ins Gedränge komme.

10 Er heilte nämlich viele, und deshalb drängten sich alle Leidenden an ihn heran, um ihn zu berühren.

11 Wenn die unreinen Geister ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder und schrien: "Du bist der Sohn Gottes!"

12 Er aber verbot ihnen streng, ihn bekannt zu machen.

 

Die Apostelwahl

13 Alsdann stieg er auf einen Berg und rief die zu sich, die er wollte, und sie kamen.

14 Er bestimmte zwölf, die bei ihm bleiben sollten. Die wollte er zum Predigen aussenden;

15 sie sollten auch Macht haben, Dämonen auszutreiben.

16 Folgende Zwölf bestimmte er: Simon, dem er den Beinamen Petrus gab,

17 Jakobus, den (Sohn) des Zebedäus, und Johannes, den Bruder des Jakobus – ihnen gab er den Beinamen Boanerges, das heißt Donnersöhne,

18 ferner Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus – den des Alphäus, Thaddäus, Simon Kananäus

19 und Judas Iskariot, der ihn auch verraten hat.

 

Jesus und die Seinen

20 Dann ging er nach Haus. Wieder strömte das Volk zusammen, so daß sie nicht einmal mehr essen konnten.

21 Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf, um sich seiner zu bemächtigen. Denn sie sagten: "Er ist von Sinnen."

 

Anschuldigung der Schriftgelehrten

22 Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: "Er ist von Beelzebul besessen", und "Durch den Anführer der Dämonen treibt er die Dämonen aus."

23 Da rief er sie herbei und sprach in Gleichnissen zu ihnen. Er sagte: "Wie kann der Satan den Satan austreiben?

24 Wenn ein Reich in sich uneins ist, kann jenes Reich nicht bestehen,

25 und wenn ein Haus in sich uneins ist, wird jenes Haus nicht bestehen können.

26 Wenn nun der Satan gegen sich selbst aufsteht und mit sich selbst uneins ist, kann er nicht bestehen, sondern hat ein Ende.

27 Niemand vermag in das Haus eines Starken einzudringen und ihm seine Habe zu rauben, wenn er den Starken nicht zuvor in Fesseln gelegt hat; erst dann kann er sein Haus plündern.

28 Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden werden den Menschen vergeben, ebenso die Lästerungen, so viel sie auch lästern mögen.

29 Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern bleibt mit ewiger Sünde belastet."

30 Sie hatten nämlich gesagt: "Er hat einen unreinen Geist."

 

Jesu wahre Familie

31 Da kamen seine Mutter und seine Brüder. Sie blieben draußen stehen und ließen ihn rufen.

32 Viele saßen um ihn herum. Man meldete ihm: "Deine Mutter und deine Brüder sind draußen und suchen dich."

33 Er erwiderte: "Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?"

34 Dann blickte er auf die, die im Kreis um ihn herum saßen, und sagte: "Hier sind meine Mutter und meine Brüder.

35 Denn wer den Willen Gottes tut, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter."

 

Kapitel 4: Gleichnis vom Sämann

1 Wiederum lehrte er am See. Sehr viel Volk strömte bei ihm zusammen. Darum stieg er in ein Boot und setzte sich darin auf dem See nieder. Das Volk stand am Ufer.

2 Er lehrte sie vieles in Gleichnissen. Während dieser Unterweisung sagte er:

3 "Hört! Da ging ein Sämann aus, um zu säen.

4 Beim Säen fiel einiges auf den Weg, und die Vögel kamen und pickten es auf.

5 Anderes fiel auf steinigen Grund, wo es nicht viel Erde hatte. Weil es nicht tief in der Erde lag, schoß es schnell auf;

6 als aber die Sonne hochstieg, wurde es versengt, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es.

7 Anderes fiel unter die Dornen. Die Dornen wuchsen mit auf und erstickten es, so daß es keine Frucht brachte.

8 Anderes endlich fiel auf gutes Erdreich, ging auf und wuchs und brachte Frucht: dreißigfach, sechzigfach, hundertfach."

9 Und er sagte: "Wer Ohren hat zum Hören, der höre!"

 

Auslegung des Gleichnisses

10 Als er allein war, fragten ihn seine Jünger und die Zwölf nach dem Sinn der Gleichnisse.

11 Er sagte zu ihnen: "Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes anvertraut; jenen aber, die draußen sind, wird das alles in Gleichnissen gesagt.

12 Sie sollen mit ihren Augen sehen und doch nicht erkennen, mit ihren Ohren hören, aber nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und Vergebung finden".

13 Weiter sagte er zu ihnen: "Versteht ihr dieses Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann die Gleichnisse überhaupt verstehen?

14 Der Sämann sät das Wort.

15 Auf den Weg gesät ist es bei denen, die es zwar hören, denen das Wort, das in ihre Herzen gesät wurde, jedoch sogleich vom Satan weggenommen wird.

16 Entsprechend ist bei denen auf steinigen Grund gesät, die das Wort zwar hören und sogleich mit Freuden aufnehmen,

17 aber es in sich nicht Wurzel fassen lassen, weil sie unbeständig sind. Wenn dann um des Wortes willen Bedrängnis oder Verfolgung hereinbrechen, fallen sie gleich ab.

18 Bei anderen ist das Wort unter Dornen gesät. Sie hören das Wort,

19 aber die weltlichen Sorgen, der trügerische Reichtum und sonstige Begierden schleichen sich ein und ersticken es, so daß es ohne Frucht bleibt.

20 Und das sind die, bei denen auf gutes Erdreich gesät wurde: sie hören es, nehmen es auf und bringen Frucht: dreißigfach, sechzigfach, hundertfach."

 

Zweck der Gleichnisse

21 Er sagte ihnen noch: "Läßt man sich wohl eine Lampe bringen, um sie unter einen Scheffel oder unter das Bett zu stellen? Nicht vielmehr, um sie auf den Leuchter zu setzen?

22 Nichts ist verborgen, das nicht offenbar werden, nichts ist geheim, das nicht an den Tag kommen soll.

23 Wer Ohren hat zum Hören, der höre!"

24 Dann sagte er zu ihnen: "Achtet auf das, was ihr hört! Mit dem Maß, mit dem ihr meßt, wird euch gemessen, ja, es wird euch noch hinzugegeben werden.

25 Denn wer hat, dem wird gegeben. Wer aber nicht hat, dem wird noch genommen, was er hat."

 

Gleichnis von der selbstwachsenden Saat

26 Weiter sagte er: "Mit dem Reich Gottes ist es wie mit einem Mann, der Samen auf das Feld sät.

27 Mag er schlafen oder Tag und Nacht hindurch wachen: der Same keimt und sprießt auf; wie, das weiß er selbst nicht.

28 Von selbst bringt das Feld Frucht, erst den Halm, dann die Ähre, zuletzt das volle Korn in der Ähre.

29 Sobald aber die Frucht es erlaubt, sendet er die Sichel aus, denn die Zeit der Ernte ist da."

 

Gleichnis vom Senfkorn

30 Ferner sagte er: "Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis es darstellen?

31 Es gleicht einem Senfkorn. Sät man es in die Erde, so ist es kleiner als alle anderen Samenkörner auf Erden.

32 Ist es aber gesät, so schießt es empor und wird größer als alle Gartengewächse. Es treibt so große Zweige, daß unter seinem Schatten die Vögel des Himmels wohnen können."

33 In vielen solchen Gleichnissen verkündete er ihnen das Wort, soweit sie es fassen konnten.

34 Ohne Gleichnisse sprach er nicht zu ihnen. Seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

 

Der Sturm auf dem See

35 Am Abend jenes Tages sagte er zu ihnen: "Fahren wir hinüber ans andere Ufer."

36 Sie entließen das Volk und nahmen ihn, so wie er war, im Boot mit; noch andere Boote schlossen sich an.

37 Da erhob sich ein gewaltiger Sturm. Die Wogen schlugen in das Boot, so daß es sich mit Wasser füllte.

38 Er aber schlief hinten im Boot auf einem Kissen. Sie weckten ihn und riefen: "Meister, kümmert es dich nicht, daß wir untergehen?"

39 Er stand auf, schalt den Wind und gebot dem See: "Schweig! Sei still!" Da legte sich der Wind und es trat eine große Stille ein.

40 Er sagte zu ihnen: "Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr keinen Glauben?"

41 Da befiel sie große Furcht, und sie sagten zueinander: "Wer ist wohl dieser, daß ihm selbst Sturm und See gehorchen?"

 

Kapitel 5: Der Besessene von Gerasa

1 Sie kamen an das andere Ufer des Sees, in das Land der Gerasener.

2 Als er aus dem Boot stieg, lief ihm aus den Grabkammern ein Mann mit einem unreinen Geist entgegen.

3 Er hauste in den Grabanlagen, und selbst mit Fesseln konnte man ihn nicht zurückhalten.

4 Schon oft hatte man ihn in Ketten gelegt, aber er hatte die Ketten gesprengt und die Fußfesseln zerrieben; niemand war imstande, ihn zu bändigen.

5 Bei Tag und bei Nacht hielt er sich in den Grabhöhlen und auf den Bergen auf, schrie und schlug sich mit Steinen.

6 Als er Jesus von weitem sah, lief er herbei, warf sich vor ihm nieder

7 und schrie mit lauter Stimme: "Was habe ich mit dir zu tun, Jesus, Sohn des höchsten Gottes? Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht!"

8 Jesus hatte ihm nämlich befohlen: "Fahre aus diesem Menschen, du unreiner Geist!"

9 Jesus fragte ihn: "Wie heißt du?" Er antwortete: "Legion ist mein Name; denn wir sind viele."

10 Und er bat ihn flehentlich, sie nicht des Landes zu verweisen.

11 Nun weidete dort am Berg eine große Schweineherde.

12 Da baten ihn die Dämonen: "Schick uns in die Schweine, laß uns in sie hineinfahren!"

13 Er erlaubte es ihnen. Darauf fuhren die unreinen Geister aus und fuhren in die Schweine. Und die Herde, an zweitausend Stück, raste den Abhang hinab in den See und ertrank.

14 Die Hirten aber liefen davon und berichteten darüber in der Stadt und auf dem Land. Da eilten die Leute herbei, um zu sehen, was vorgefallen war.

15 Sie kamen zu Jesus und sahen den Mann, der von der Legion besessen gewesen war, bekleidet und bei Sinnen dasitzen. Da wurden sie von Furcht ergriffen.

16 Die Augenzeugen erzählten ihnen, wie es dem Besessenen ergangen war, und die Sache mit den Schweinen.

17 Da ersuchten sie ihn, sich aus ihrem Gebiet zu entfernen.

18 Als er ins Boot steigen wollte, bat ihn der vordem Besessene, bei ihm bleiben zu dürfen.

19 Doch Jesus ließ ihn nicht bleiben, sondern sagte zu ihm: "Geh nach Hause zu deinen Angehörigen und erzähle ihnen, was der Herr Großes an dir getan und wie er sich deiner erbarmt hat."

20 Da ging er hin und verkündete in der Dekapolis, was Jesus an ihm Großes getan hatte; und alle staunten.

 

Die Tochter des Jairus

21 Nachdem Jesus im Boot am anderen Ufer angekommen war, sammelte sich eine große Volksmenge um ihn. – Er befand sich noch am See.

22 Da kam ein Synagogenvorsteher namens Jaïrus zu ihm. Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen,

23 flehte ihn an und sagte: "Mein Töchterchen liegt in den letzten Zügen. Komm doch und leg ihm die Hände auf, damit es gesund wird und am Leben bleibt."

24 Da ging Jesus mit ihm. Viel Volk begleitete und umdrängte ihn;

25 darunter eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutfluß litt.

26 Von vielen Ärzten war sie viel gequält worden; sie hatte ihr ganzes Vermögen ausgegeben und doch keinerlei Hilfe gefunden; im Gegenteil, es war mit ihr eher noch schlimmer geworden.

27 Sie hatte vom Wirken Jesu gehört und kam nun in der Menge und berührte von hinten sein Gewand.

28 Denn sie dachte: "Wenn ich auch nur seine Kleider berühre, werde ich gesund."

29 Sofort hörte der Blutfluß auf, und sie spürte an ihrem Körper, daß sie von ihrem Leiden geheilt war.

30 Jesus merkte, daß eine Kraft von ihm ausgegangen war. Er wandte sich in der Menge um und fragte: "Wer hat meine Kleider berührt?"

31 Seine Jünger sagten zu ihm: "Du siehst doch, wie dich das Volk umdrängt, und fragst noch: Wer hat mich berührt?"

32 Doch er schaute umher, um die zu sehen, die das getan hatte.

33 Da kam die Frau, zitternd und zagend herbei; sie wußte ja, was vorgegangen war. Sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit.

34 Er aber sagte zu ihr: "Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht. Geh hin im Frieden und sei geheilt von deinem Leiden!"

35 Während er noch redete, kamen Leute aus dem Haus des Synagogenvorstehers mit der Nachricht: "Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du noch den Meister?"

36 Jesus aber hatte die Worte, die gesprochen wurden, aufgefangen. Er sagte zu dem Synagogenvorsteher: "Fürchte dich nicht; glaube nur!"

37 Und er ließ niemand mitgehen als nur Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus.

38 Sie kamen zum Haus des Synagogenvorstehers. Da vernahm er Lärmen, Weinen und lautes Wehklagen.

39 Er trat ein und sagte zu ihnen: "Warum lärmt und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur."

40 Da verlachten sie ihn. Er aber wies alle hinaus und ging mit dem Vater und der Mutter des Kindes sowie mit seinen Begleitern dahin, wo das Kind lag.

41 Er faßte es bei der Hand und sagte zu ihm: "Talita kum!", das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf!

42 Sogleich stand das Mädchen auf und ging umher; es war schon zwölf Jahre alt. Da gerieten sie vor Schrecken ganz außer sich.

43 Er aber schärfte ihnen eindringlich ein, daß es niemand erfahren dürfe. Dann sagte er, man solle dem Mädchen zu essen geben.

 

Kapitel 6: Jesus in Nazaret

1 Von da ging Jesus weg und begab sich in seine Vaterstadt; seine Jünger begleiteten ihn.

2 Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die Vielen, die zuhörten, staunten und sagten: "Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was für Machttaten geschehen durch seine Hände!

3 Ist das nicht der Zimmermann, Marias Sohn und Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Wohnen nicht seine Schwestern hier bei uns?" Und sie nahmen Anstoß an ihm.

4 Da sagte Jesus zu ihnen: "Nirgendwo gilt ein Prophet weniger als in seiner Vaterstadt, bei seinen Verwandten und in seiner Familie."

5 Er konnte dort keine Machttat vollbringen; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.

6 Er wunderte sich über ihren Unglauben. – Dann zog er durch die Dörfer ringsum und lehrte.

 

Aussendung der Apostel

7 Und er rief die Zwölf zu sich, sandte sie zu zweien aus, und gab ihnen Macht über die unreinen Geister.

8 Er gebot ihnen, nichts auf den Weg mitzunehmen, außer einem Stab; kein Brot, keine Tasche und kein Geld im Gürtel.

9 Sie sollten Sandalen tragen, aber nicht zwei Hemden mitnehmen.

10 Ferner sagte er zu ihnen: "Wo immer ihr in ein Haus eintretet, da bleibt, bis ihr von dort weiterzieht.

11 Und wenn irgendein Ort euch nicht aufnimmt und man nicht auf euch hört, dann zieht weiter, und schüttelt den Staub von euren Füßen ab, ihnen zum Zeugnis.

12 Da machten sie sich auf den Weg und riefen die Menschen auf, umzukehren.

13 Sie trieben viele Dämonen aus, salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

 

Abkehr Jesu von Galiläa

Enthauptung des Täufers

14 Als sein Name bekannt geworden war, hörte auch König Herodes von Jesus. Die einen sagten: "Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden; deshalb wirken Wunderkräfte in ihm."

15 Andere meinten: "Er ist Elija". Wieder andere sagten: "Er ist ein Prophet, wie einer von den alten Propheten."

16 Als Herodes das hörte, sagte er: "Johannes, den ich enthaupten ließ, ist auferweckt worden von den Toten."

17 Dieser Herodes hatte hingesandt und Johannes ergreifen und ihn gefesselt in das Gefängnis werfen lassen; und das wegen Herodias, der Frau seines Bruders Philippus, die er zur Frau genommen hatte.

18 Denn Johannes hatte zu Herodes gesagt: "Es ist dir nicht erlaubt, deines Bruders Frau zu haben."

19 Das trug Herodias ihm nach. Sie hätte ihn gern töten lassen, konnte es aber nicht,

20 denn Herodes hatte Scheu vor Johannes; er kannte ihn als einen gerechten und heiligen Mann und ließ ihn bewachen. Wenn er ihn hörte, war er sehr beunruhigt, trotzdem hörte er ihn aber gern.

21 Ein für Herodias günstiger Tag kam, als Herodes an seinem Geburtstag seinen Fürsten, den Hauptleuten und den Vornehmen Galiläas ein Festmahl gab.

22 Da ging die Tochter eben jener Herodias hinein und tanzte. Sie gefiel dem Herodes und seinen Gästen, so daß der König zu dem Mädchen sagte: "Verlange von mir, was du nur willst; ich werde es dir geben."

23 Er schwur ihr: "Was immer du erbittest, werde ich dir geben, bis zur Hälfte meines Reiches!"

24 Da ging es hinaus und fragte seine Mutter: "Was soll ich erbitten?" Die aber sagte: "Das Haupt Johannes des Täufers."

25 Das Mädchen eilte zum König zurück und forderte: "Ich will, daß du mir sogleich auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers gibst."

26 Da wurde der König sehr betrübt, aber des Eides und der Gäste wegen wollte er sie nicht abweisen.

27 So sandte der König sofort einen Scharfrichter aus und befahl: "Man bringe sein Haupt!" Der ging hin und enthauptete ihn im Gefängnis,

28 brachte sein Haupt auf einer Schüssel und gab es dem Mädchen, und das Mädchen gab es seiner Mutter.

29 Seine Jünger hörten davon; sie kamen, nahmen seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab.

 

Rückkehr der Apostel

30 Die Apostel fanden sich wieder bei Jesus ein und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.

31 Da sagte er zu ihnen: "Laßt uns an einen einsamen Ort gehen, damit ihr allein sein und euch ausruhen könnt." Denn es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, so daß sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden.

32 So fuhren sie ganz allein mit dem Boot an einen abgelegenen Ort.

33 Aber viele sahen sie abfahren und merkten ihre Absicht. Zu Fuß eilten sie aus allen Städten dorthin und waren noch vor ihnen dort.

34 Als Jesus ans Land stieg, sah er die vielen Menschen und fühlte Erbarmen mit ihnen; denn sie waren wie Schafe ohne Hirten. Und er belehrte sie über vieles.

35 Als es bereits spät war, traten seine Jünger zu ihm und sagten: "Die Gegend ist abgelegen, und es ist schon spät.

36 Laß die Leute ziehen, damit sie in die umliegenden Gehöfte und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen."

37 Er entgegnete ihnen: "Gebt ihr ihnen zu essen!" Sie erwiderten ihm: "Sollen wir hingehen, für zweihundert Denare Brot kaufen und es ihnen zu essen geben?"

38 Er fragte sie: "Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach!" Sie erkundigten sich und sagten: "Fünf, dazu zwei Fische."

39 Da ordnete er an, alle sollten sich in Gruppen auf dem grünen Gras lagern.

40 Sie ließen sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig nieder.

41 Nun nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf und segnete sie. Dann brach er die Brote und gab sie den Jüngern, um sie den Leuten vorzusetzen. Auch die zwei Fische ließ er an alle austeilen.

42 Alle aßen und wurden satt.

43 Und man hob noch zwölf Körbe voll übriggebliebener Brotstücke auf, auch Reste von den Fischen.

44 Von den Broten hatten fünftausend Männer gegessen.

 

Jesus wandelt auf dem See

45 Gleich darauf drängte er seine Jünger, in das Boot zu steigen und an das andere Ufer gen Betsaida vorauszufahren, indes er selbst das Volk entlassen wollte.

46 Nachdem er es verabschiedet hatte, ging er auf einen Berg, um zu beten.

47 Es war schon Abend geworden. Das Boot befand sich mitten auf dem See, und er war allein an Land.

48 Da sah er, wie sie sich beim Rudern abmühten; denn sie hatten Gegenwind. Um die vierte Nachtwache kam er auf dem See wandelnd auf sie zu, wollte jedoch an ihnen vorübergehen.

49 Als sie ihn auf dem See wandeln sahen, meinten sie, es sei ein Gespenst, und schrien laut auf;

50 denn alle hatten ihn gesehen und waren erschrocken. Doch er redete sie sogleich an und sagte: "Habt Mut! Ich bin es. Fürchtet euch nicht!"

51 Dann stieg er zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich. Sie aber waren ganz außer sich,

52 denn bei der Brotvermehrung waren sie noch nicht zur Einsicht gekommen; ihr Herz war verhärtet.

 

In der Landschaft Gennesaret

53 Sie fuhren nun hinüber ans Land und gelangten nach Gennesaret. Dort legten sie an.

54 Als sie aus dem Boot stiegen, erkannten ihn die Leute sofort.

55 Sie liefen in der ganzen Gegend umher und brachten die Kranken auf Bahren dorthin, wo er, wie sie hörten, sich aufhielt.

56 Und immer, wenn er ein Dorf, eine Stadt oder ein Gehöft betrat, legten sie die Kranken auf die freien Plätze und baten ihn, daß sie wenigstens den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden gesund.

 

Kapitel 7: Menschensatzungen

1 Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, hatten sich bei Jesus eingefunden.

2 Sie bemerkten, wie einige von seinen Jüngern mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen das Brot aßen.

3 Die Pharisäer und die Juden überhaupt essen nämlich nicht, ohne sich vorher mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen zu haben, getreu der Überlieferung der Alten.

4 Auch vom Markt essen sie nichts, ohne es vorher gewaschen zu haben. Noch vieles andere gibt es, was sie übernommen haben und beachten, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.

5 Da fragten ihn also die Pharisäer und die Schriftgelehrten: "Warum richten sich deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Alten, sondern essen das Brot mit unreinen Händen?"

6 Er antwortete ihnen: "Treffend hat Jesaja von euch Heuchlern geweissagt, wie geschrieben steht: 'Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz jedoch ist fern von mir.

7 Umsonst verehrt es mich; denn Menschensatzungen stellt es als Lehre hin.'

8 Gottes Gebot gebt ihr preis, an der Überlieferung von Menschen haltet ihr fest."

9 Weiter sagte Jesus: "Trefflich versteht ihr es, euch über Gottes Gebot hinwegzusetzen, um eure Überlieferung zu wahren.

10 So hat Mose gesagt: "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren", und: "Wer Vater oder Mutter schmäht, soll des Todes sterben."

11 Ihr aber sagt: Wenn einer zu Vater oder Mutter sagt: "Was ich dir zukommen lassen sollte, ist Korbán", das heißt Opfergabe,

12 dann laßt ihr ihn für Vater und Mutter nichts mehr tun.

13 Damit setzt ihr durch eure Überlieferung Gottes Wort außer Kraft. Und dergleichen tut ihr noch vieles."

 

Die wahre Unreinheit

14 Dann rief er wieder das Volk herbei und sagte: "Hört mir alle zu und begreift:

15 Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, was aber aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein.

16 [Wer Ohren hat zu hören, der höre!"]

17 Als er vom Volk weggegangen und nach Hause gekommen war, befragten ihn seine Jünger über seine Rede.

18 Er sagte ihnen: "So seid auch ihr unverständig? Seht ihr nicht ein, daß alles, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht unrein machen kann?

19 Denn es kommt ja nicht in sein Herz, sondern in den Magen und wird wieder ausgeschieden." – Damit erklärte er alle Speisen für rein.

20 Er fuhr fort: "Was aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen unrein.

21 Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,

22 Ehebruch, Habsucht, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut und Unvernunft.

23 All dieses Böse kommt von innen heraus und macht den Menschen unrein."

 

Die kanaanäische Frau

24 Von dort brach er auf und begab sich in das Gebiet von Tyrus. Er ging in ein Haus, wollte aber, daß niemand es erfahre; doch er konnte nicht unbemerkt bleiben.

25 Gleich hatte eine Frau, deren Töchterchen einen unreinen Geist hatte, von ihm gehört. Sie kam herbei und fiel ihm zu Füßen.

26 Die Frau war eine Griechin, ihrer Herkunft nach Syrophönizierin. Sie bat ihn, den Dämon aus ihrer Tochter auszutreiben.

27 Er sagte zu ihr: "Laß erst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hündlein hinzuwerfen."

28 "Gewiß, Herr", erwiderte sie ihm: "aber auch die Hündlein unter dem Tisch bekommen von den Brosamen der Kinder."

29 Da sagte er zu ihr: "Um dieses Wortes willen geh hin, der Dämon ist aus deiner Tochter ausgefahren."

30 Sie ging nach Hause, und fand das Kind auf dem Bett liegen; der Dämon war ausgefahren.

 

Der Taubstumme

31 Jesus zog aus dem Gebiet von Tyrus wieder weg und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis.

32 Da brachte man einen Taubstummen zu ihm und bat, ihm die Hand aufzulegen.

33 Er nahm ihn abseits vom Volk, legte ihm seine Finger in die Ohren und nachdem er ausgespuckt hatte, berührte er seine Zunge;

34 dann blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu ihm: "Effata!", das heißt: Öffne dich!

35 Sogleich öffneten sich seine Ohren, das Band seiner Zunge löste sich, und er konnte richtig sprechen.

36 Jesus schärfte ihnen ein, es niemandem zu sagen. Doch je strenger er es ihnen einschärfte, desto eifriger erzählten sie es weiter.

37 Aufs höchste erstaunt sagten sie: "Er hat alles gut gemacht; er macht, daß die Tauben hören und die Stummen reden."

 

Kapitel 8: Zweite Brotvermehrung

1 In jenen Tagen war wieder eine große Volksschar da und hatte nichts zu essen. Da rief er die Jünger zu sich und sagte zu ihnen:

2 "Mich erbarmt des Volkes. Schon drei Tage harren sie bei mir aus und haben nichts zu essen.

3 Wenn ich sie hungrig nach Hause gehen lasse, werden sie unterwegs zusammenbrechen; einige von ihnen sind ja von weither gekommen."

4 Seine Jünger erwiderten ihm: "Woher soll man an diesem abgelegenen Ort Brot nehmen, damit diese satt werden?"

5 Er fragte sie: "Wieviel Brote habt ihr?" Sie antworteten: "Sieben."

6 Da ließ er das Volk sich auf den Boden lagern. Dann nahm er die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern zum Austeilen; und die Jünger setzten sie dem Volk vor.

7 Sie hatten auch ein paar kleine Fische. Er segnete sie und ließ auch sie verteilen.

8 Sie aßen und wurden satt. Von den übriggebliebenen Brotstückchen hoben sie noch sieben Körbe auf.

9 Es waren etwa viertausend [die gegessen hatten]. Darauf entließ er sie.

10 Gleich danach stieg er mit seinen Jüngern in das Boot und fuhr in die Gegend von Dalmanuta.

 

Zeichen vom Himmel

11 Die Pharisäer kamen heraus und begannen mit ihm zu streiten; um ihn zu prüfen, verlangten sie von ihm ein Zeichen vom Himmel.

12 Da seufzte er tief in seinem Inneren auf und sagte: "Wozu verlangt dieses Geschlecht ein Zeichen? Wahrlich, ich sage euch: Niemals wird diesem Geschlecht ein Zeichen gegeben werden."

13 Damit ließ er sie stehen, stieg wieder in das Boot und fuhr an das jenseitige Ufer.

 

Sauerteig der Pharisäer

14 Sie hatten vergessen, Brot mitzunehmen; nur ein einziges Brot hatten sie bei sich im Boot.

15 Er schärfte ihnen ein und sagte: "Seht zu, nehmt euch in acht vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des Herodes!"

16 Da machten sie sich untereinander Gedanken darüber, daß sie kein Brot hätten.

17 Jesus merkte das und sagte zu ihnen: "Was macht ihr euch darüber Gedanken, daß ihr kein Brot habt? Begreift und versteht ihr immer noch nicht? Ist euer Herz verstockt?

18 Augen habt ihr und seht nicht; Ohren habt ihr und hört nicht? Erinnert ihr euch nicht:

19 Wie viele Körbe voll Brotstückchen habt ihr aufgehoben, als ich die fünf Brote für die Fünftausend brach?" Sie antworteten ihm: "Zwölf."

20 "Und wieviele Körbe voll habt ihr aufgehoben, als ich die sieben Brote für die Viertausend brach?" Sie antworteten: "Sieben."

21 Da sagte er zu ihnen: "Versteht ihr immer noch nicht?"

 

Heilung eines Blinden

22 Sie kamen nach Betsaida. Da brachte man einen Blinden zu ihm und bat ihn, daß er ihn berühre.

23 Er nahm den Blinden bei der Hand und führte ihn aus dem Dorf hinaus, benetzte seine Augen mit Speichel, legte ihm die Hände auf und fragte ihn: "Siehst du etwas?"

24 Jener schlug die Augen auf und sagte: "Ich sehe Menschen; etwas wie umhergehende Bäume."

25 Darauf legte er ihm wiederum die Hände auf die Augen, und er sah klar. Er war geheilt, so daß er alles ganz deutlich sehen konnte.

26 Dann schickte ihn Jesus nach Haus, sagte ihm aber: "Geh nicht in das Dorf hinein!"

 

Bekenntnis des Petrus

27 Jesus zog mit seinen Jüngern weiter in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die Jünger: "Für wen halten mich die Leute?"

28 Sie antworteten ihm: "Für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen der Propheten."

29 Da fragte er sie: "Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" Petrus gab ihm zur Antwort: "Du bist der Messias!"

30 Da schärfte er ihnen ein, mit niemand über ihn zu sprechen.

 

Jesus sagt sein Leiden voraus

31 Nun fing er an, sie zu belehren, der Menschensohn müsse viel leiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen und getötet werden, nach drei Tagen aber auferstehen.

32 Er sagte das ganz offen. Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorhaltungen.

33 Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und tadelte Petrus mit den Worten: "Weg von mir, Satan! Du hast nicht im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen."

 

Nachfolge Jesu

34 Dann rief er das Volk und seine Jünger herbei und sagte zu ihnen: "Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

35 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.

36 Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber seine Seele verliert?

37 Was könnte der Mensch geben, um seine Seele zurückzukaufen?

38 Wer sich vor diesem ehebrecherischen und sündhaften Geschlecht meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln kommt in der Herrlichkeit seines Vaters."

 

Kapitel 9:

1 Und er sagte ihnen: "Wahrlich, ich sage euch: Von denen, die hier stehen, werden einige nicht zu Tode kommen, bevor sie das Reich Gottes mit Macht kommen sehen."

 

Verklärung Jesu

2 Sechs Tage später nahm Jesus allein Petrus, Jakobus und Johannes mit sich und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen umgestaltet;

3 seine Kleider glänzten in strahlendem Weiß, so weiß, wie sie kein Walker auf Erden zu bleichen vermag.

4 Und es erschien ihnen Elija mit Mose im Gespräch mit Jesus.

5 Da nahm Petrus das Wort und sagte zu Jesus: "Meister, es ist gut, daß wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elija eine."

6 Er wußte nicht, was er sagen sollte. – So verwirrt waren sie vor Schreck.

7 Da kam ein Wolke und überschattete sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: "Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören!"

8 Als sie um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich als Jesus allein.

9 Während sie dann den Berg hinabstiegen, schärfte er ihnen ein, niemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.

10 Sie behielten die Sache für sich, besprachen aber miteinander, was "Auferstehen von den Toten" zu bedeuten habe.

 

Wiederkunft des Elija

11 Sie fragten ihn: "Warum sagen die Schriftgelehrten, Elija müsse erst kommen?"

12 Er gab ihnen zur Antwort: "Allerdings kommt zuvor Elija und stellt alles wieder her. Warum heißt es dann aber vom Menschensohn in der Schrift, daß er viel leiden und verworfen werden soll?

13 Ich sage euch: Elija ist schon gekommen, und sie haben mit ihm gemacht, was sie wollten, wie von ihm geschrieben steht."

 

Der besessene Knabe

14 Als sie zu den (übrigen) Jüngern kamen, sahen sie um sie herum eine große Menschenmenge und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten.

15 Sobald die Menge Jesus erblickte, war sie überrascht, eilte auf ihn zu und begrüßte ihn.

16 Er fragte sie: "Worüber streitet ihr mit ihnen?"

17 Einer aus dem Volk antwortet ihm: "Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. Er ist von einem stummen Geist besessen.

18 Und wenn der ihn packt, zerrt er ihn hin und her. Dann schäumt er, knirscht mit den Zähnen und liegt starr da. Ich bat deine Jünger, ihn auszutreiben, aber sie vermochten es nicht."

19 Er entgegnete ihnen: "O ungläubiges Geschlecht! Wie lange soll ich noch bei euch sein? Wie lange euch noch ertragen? Bringt ihn her zu mir!"

20 Sie brachten ihn zu ihm. Sobald der Geist ihn erblickte, zerrte er den Knaben hin und her. Er fiel zu Boden, wälzte sich und schäumte.

21 Jesus fragte seinen Vater: "Seit wann ist das so?" Er antwortete: "Von Kindheit an.

22 Schon oft hat er ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Wenn du nun etwas vermagst, so habe Erbarmen mit uns und hilf uns!"

23 Jesus erwiderte ihm: "Wenn du vermagst? Alles vermag, wer Glauben hat."

24 Sogleich schrie der Vater des Knaben: "Ich glaube! Hilf meinem Unglauben!"

25 Als Jesus sah, daß immer mehr Volk zusammenlief, drohte er dem unreinen Geist und sagte zu ihm: "Du stummer und tauber Geist, ich befehle dir: Fahre aus von ihm, und kehre niemals mehr in ihn zurück!"

26 Unter Geschrei und heftigem Zerren fuhr er von ihm aus. Der Junge lag da wie tot, so daß alle sagten, er sei gestorben.

27 Jesus aber faßte ihn bei der Hand und zog ihn hoch. Da stand der Knabe auf.

28 Als Jesus nach Hause kam und mit den Jüngern allein war, fragten sie ihn: "Warum konnten wir ihn nicht austreiben?"

29 Er antwortete ihnen: "Diese Art kann nur durch Gebet und Fasten ausgetrieben werden."

 

Jesus sagt aufs neue sein Leiden voraus

30 Von da gingen sie weiter und wanderten durch Galiläa. Er wollte aber nicht, daß es jemand erfahre,

31 denn er lehrte seine Jünger. Er sagte zu ihnen: "Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen überliefert. Sie werden ihn töten, aber drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen."

32 Sie verstanden zwar die Rede nicht, doch scheuten sie sich, ihm Fragen zu stellen.

 

Rangstreit der Jünger

33 Sie kamen nach Kafarnaum. Zu Haus angelangt, fragte er sie: "Wovon habt ihr unterwegs gesprochen?"

34 Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gestritten, wer (unter ihnen) der Größte sei.

35 Da setzte er sich, rief die Zwölf herbei und sagte zu ihnen: "Wer der Erste sein will, der soll der Letzte und Knecht aller sein."

36 Dann nahm er ein Kind, stellte es in ihre Mitte, schloß es in seine Arme und sagte zu ihnen:

37 "Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt hat."

 

Unkluger Eifer

38 Johannes berichtete ihm: "Meister, wir sahen einen, der uns nicht nachfolgt, in deinem Namen Dämonen austreiben, und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns doch nicht nachfolgt."

39 Jesus aber sagte: "Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder wirkt, wird gleich darauf Übles von mir reden können.

40 Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.

41 Wer euch nun deswegen, weil ihr Christus angehört, einen Becher Wasser zu trinken gibt, wahrlich, ich sage euch: sein Lohn wird ihm nicht verlorengehen.

 

Ärgernis

42 Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den ist es besser, daß ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er ins Meer geworfen wird.

43 Wenn deine Hand dir zum Ärgernis wird, dann hau sie ab. Es ist besser für dich, verstümmelt ins Leben einzugehen, als mit zwei Händen in die Hölle zu fahren, ins unauslöschliche Feuer,

44 [wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.]

45 Wenn dein Fuß dir zum Ärgernis wird, so hau ihn ab. Es ist besser für dich, du gehst lahm ins Leben ein, als daß du mit zwei Füßen in die Hölle geworfen wirst,

46 [ins unauslöschliche Feuer, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.]

47 Und wenn dein Auge dir zum Ärgernis wird, dann reiß es aus. Es ist besser für dich, du gehst mit einem Auge ins Reich Gottes, als daß du mit zwei Augen in die Hölle geworfen wirst,

48 wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.

49 Denn jeder wird mit Feuer gesalzen werden.

50 Das Salz ist gut. Wenn aber das Salz schal wird, womit wollt ihr es dann würzen? Habt Salz in euch, und haltet Frieden untereinander!"

 

Kapitel 10: Jesu Wirken in Judäa und Jerusalem

Aufbruch nach Jerusalem

Unauflöslichkeit der Ehe

1 Von dort brach Jesus auf und kam in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordan. Abermals strömten die Volksscharen ihm zu, und er lehrte sie wieder in der gewohnten Weise.

2 Da traten Pharisäer heran und fragten ihn, ob es einem Mann erlaubt sei, seine Frau zu entlassen. Damit wollten sie ihn auf die Probe stellen.

3 Er antwortete ihnen: "Was hat euch Mose geboten?"

4 Sie sagten: "Mose hat erlaubt, einen Scheidebrief auszustellen und die Frau zu entlassen."

5 Jesus entgegnete ihnen: "Wegen eurer Herzenshärte hat er dieses Gebot erlassen.

6 Am Anfang der Schöpfung jedoch hat Gott den Menschen als Mann und Frau geschaffen.

7 Darum wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen,

8 und die zwei werden ein Leib sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern ein Leib.

9 Was nun Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen."

10 Zu Hause befragten ihn die Jünger noch einmal darüber.

11 Er erklärte ihnen: "Wer seine Frau entläßt und eine andere heiratet, bricht ihr gegenüber die Ehe.

12 Und wenn eine Frau ihren Mann entläßt und einen anderen heiratet, bricht sie die Ehe."

 

Jesus und die Kinder

13 Man brachte Kinder zu ihm, damit er sie berühre. Die Jünger aber wiesen die Leute, die sie brachten, unfreundlich ab.

14 Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: "Laßt die Kinder zu mir kommen und wehrt es ihnen nicht, denn für solche wie sie ist das Reich Gottes.

15 Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen."

16 Und er schloß sie in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.

 

Der reiche Jüngling

17 Als er des Weges weiter zog, kam einer herbeigelaufen, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: "Guter Meister, was muß ich tun, um ewiges Leben zu gewinnen?"

18 Jesus sagte zu ihm: "Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.

19 Du kennst die Gebote: Du sollst nicht töten! Du sollst nicht ehebrechen! Du sollst nicht stehlen! Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen! Du sollst nichts vorenthalten! Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!"

20 Jener aber sagte zu ihm: "Meister, das alles habe ich von Jugend an befolgt."

21 Jesus gewann ihn lieb, blickte ihn an und sagte zu ihm: "Nur eines fehlt dir: Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben. Dann komm und folge mir nach!"

22 Der aber, bestürzt über Jesu Worte, ging betrübt davon; denn er besaß viele Güter.

 

Gefahr des Reichtums

23 Jesus blickte umher und sagte zu seinen Jüngern: "Wie schwer ist es für Begüterte, in das Reich Gottes einzugehen!"

24 Die Jünger erschraken über seine Worte. Noch einmal sagte Jesus: "Kinder, wie schwer ist es für jene, die auf Hab und Gut vertrauen, in das Reich Gottes einzugehen!

25 Leichter kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr hindurch als ein Reicher in das Reich Gottes hinein."

26 Jetzt wurden sie noch mehr bestürzt und sagten zueinander: "Wer kann dann gerettet werden?"

27 Jesus schaute sie an und sagte: "Bei Menschen ist das unmöglich, aber nicht bei Gott; denn bei Gott ist alles möglich."

 

Lohn der freiwilligen Armut

28 Da sagte Petrus zu ihm: "Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt."

29 Jesus versicherte: "Wahrlich, ich sage euch: Niemand verläßt um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus, Bruder, Schwester, Mutter, Vater, Kind oder Acker,

30 ohne daß er das Hundertfache dafür erhält: schon jetzt in dieser Welt erhält er – wenn auch unter Verfolgungen – Haus, Bruder, Schwester, Mutter, Kind und Acker, und in der zukünftigen Welt ewiges Leben.

31 Viele, die die Ersten sind, werden die Letzten, und viele, die die Letzten sind, werden die Ersten sein."

 

Jesus sagt zum drittenmal sein Leiden voraus

32 Sie waren auf dem Weg hinauf nach Jerusalem. Jesus schritt ihnen voran. Die (Jünger) erschraken, die Nachfolgenden aber fürchteten sich. Da nahm er die Zwölf wieder beiseite und sagte ihnen, was ihm widerfahren werde:

33 "Seht, wir ziehen hinauf nach Jerusalem. Dort wird der Menschensohn den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten übergeben werden. Sie werden ihn zum Tod verurteilen und den Heiden ausliefern.

34 Man wird ihn verspotten, anspeien, geißeln und töten. Doch nach drei Tagen wird er auferstehen."

 

Die Söhne des Zebedäus

35 Da traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, an ihn heran und sagten: "Meister, gewähre uns eine Bitte!"

36 Er fragte sie: "Was soll ich für euch tun?"

37 Sie baten ihn: "Laß in deiner Herrlichkeit den einen von uns zu deiner Rechten, den anderen zu deiner Linken sitzen."

38 Jesus aber sagte zu ihnen: "Ihr wißt nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder mit der Taufe getauft werden, die ich empfange?"

39 Sie antworteten: "Wir können es." Da sagte Jesus zu ihnen: "Den Kelch, den ich trinke, werdet ihr trinken, und mit der Taufe, die ich empfange, werdet ihr getauft werden,

40 aber den Platz zu meiner Rechten und zur Linken habe nicht ich zu verleihen; er gebührt denen, für die er bereitet ist."

41 Als die zehn anderen das hörten, wurden sie unwillig über Jakobus und Johannes.

42 Da rief Jesus sie zu sich und sagte zu ihnen: "Ihr wißt, daß die, die als Herrscher angesehen werden, von oben herab über ihre Völker herrschen, und daß ihre Großen von oben herab über sie Gewalt ausüben.

43 Bei euch aber soll es nicht so sein. Wer unter euch der Größte werden will, der soll euer Diener sein,

44 und wer unter euch der Erste sein will, der sei aller Knecht.

45 Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, sich dienen zu lassen, sondern zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösepreis für viele."

 

Der Blinde von Jericho

46 Sie kamen nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge aus Jericho hinausging, saß ein blinder Bettler am Weg, Bartimäus, der Sohn des Timäus.

47 Sobald er hörte, Jesus von Nazaret sei da, rief er laut: "Sohn Davids, Jesus, erbarme dich meiner!"

48 Viele fuhren ihn an, er solle schweigen. Doch er schrie noch viel lauter: "Sohn Davids, erbarme dich meiner!"

49 Da blieb Jesus stehen und sagte: "Ruft ihn her!" Sie riefen den Blinden heran und sagten zu ihm: "Nur Mut! Steh auf, er ruft dich."

50 Da warf er seinen Mantel ab, sprang auf und eilte zu Jesus.

51 Jesus fragte ihn: "Was soll ich für dich tun?" Der Blinde bat ihn: "Meister, mache, daß ich wieder sehen kann!"

52 Da sagte Jesus zu ihm: "Geh hin, dein Glaube hat dich gesund gemacht." Sogleich konnte er wieder sehen; und er folgte ihm auf dem Weg.

 

Kapitel 11: Tage der Entscheidung

Einzug in Jerusalem

1 Als sie sich bei Betfage und Betanien am Ölberg Jerusalem näherten, sandte er zwei seiner Jünger voraus und trug ihnen auf:

2 "Geht in das Dorf, das vor euch liegt. Gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein (Esels)Füllen angebunden finden, auf dem noch niemand gesessen hat. Bindet es los, und bringt es her!

3 Und sollte euch jemand sagen: 'Was macht ihr da?', so antwortet: 'Der Herr braucht es und schickt es gleich wieder zurück.'"

4 Sie gingen hin und fanden das Füllen draußen am Weg, an einer Tür angebunden, und banden es los.

5 Einige, die dort standen, fragten sie: "Was macht ihr da? Ihr bindet das Füllen los?"

6 Sie antworteten, wie Jesus ihnen gesagt hatte. Da ließ man sie gewähren.

7 Sie brachten nun das Füllen zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier, und er setzte sich darauf.

8 Viele breiteten ihre Kleider auf den Weg aus, andere legten grüne Zweige, die sie auf den Feldern geschnitten hatten, auf den Weg.

9 Die vorauszogen und die ihm folgten, riefen laut: "Hosanna! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!

10 Gepriesen sei das kommende Reich unseres Vaters David! Hosanna in der Höhe!"

11 So zog er nach Jerusalem in den Tempel. Er sah sich alles ringsum an und ging, da es schon Abend war, mit den Zwölf hinaus nach Betanien.

 

Verfluchung des Feigenbaumes

12 Als sie am andern Tag Betanien verlassen hatten, hungerte ihn.

13 Da sah er von weitem einen Feigenbaum, der Blätter trug. Er ging hin, um nach Früchten zu sehen. Doch als er bei ihm angelangt war, fand er nichts als Blätter; es war nämlich nicht die Zeit der Feigen.

14 Da sagte er zu ihm: "In Ewigkeit soll niemand mehr eine Frucht von dir essen." Seine Jünger hörten es.

 

Reinigung des Tempels

15 Sie kamen nach Jerusalem. Jesus ging in den Tempel und trieb die Käufer und Verkäufer aus dem Tempel hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um

16 und duldete nicht, daß jemand irgend etwas durch den Tempelbezirk trug.

17 Er belehrte sie und sagte: "Steht nicht geschrieben: Mein Haus soll ein Bethaus sein für alle Völker? Ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht."

18 Als die Hohenpriester und die Schriftgelehrten dies erfuhren, suchten sie nach einer Möglichkeit, ihn zu töten. Denn sie fürchteten ihn, weil das ganze Volk von seiner Lehre hingerissen waren.

19 Am Abend verließen sie wieder die Stadt.

 

Der verdorrte Feigenbaum

20 Am frühen Morgen kamen sie an dem Feigenbaum vorbei und sahen, daß er bis auf die Wurzel verdorrt war.

21 Da erinnerte sich Petrus und sagte zu ihm: "Meister, siehe, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt."

22 Da sagte Jesus zu ihnen: "Habt Glauben an Gott!

23 Wahrlich, ich sage euch: Wenn einer zu dem Berg da sagt: Heb dich hinweg und stürze dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, daß sein Wort in Erfüllung geht, wird es so geschehen.

24 Darum sage ich euch: Bei allem, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, daß ihr es schon erhalten habt, so wird es euch zuteil werden.

25 Und wann immer ihr steht, um zu beten, und ihr habt etwas gegen jemanden, so vergebt, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Sünden vergibt.

26 [Wenn ihr aber nicht vergebt, dann wird euch euer Vater im Himmel eure Sünden auch nicht vergeben.]"

 

Die Vollmachtsfrage

27 Sie kamen wieder nach Jerusalem. Während er im Tempel umherging, traten die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten an ihn heran

28 und fragten ihn: "Mit welcher Vollmacht tust du dies? Oder wer hat dir die Vollmacht, das zu tun, gegeben?"

29 Jesus erwiderte ihnen: "Ich will euch eine Frage vorlegen. Beantwortet ihr sie mir, werde ich euch sagen, mit welcher Vollmacht ich dies tue.

30 Stammte die Taufe des Johannes vom Himmel oder von den Menschen? Antwortet mir!"

31 Sie überlegten miteinander: "Sagen wir: 'Vom Himmel!', so wird er entgegnen: 'Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt?'

32 Doch sollen wir sagen: 'Von Menschen?'" – Sie fürchteten das Volk; denn alle waren überzeugt, daß Johannes wirklich ein Prophet gewesen war.

33 So gaben sie Jesus zur Antwort: "Wir wissen es nicht." – Da sagte ihnen Jesus: "Dann sage ich euch auch nicht, mit welcher Vollmacht ich dies tue."

 

Kapitel 12: Die bösen Winzern

1 Und er begann zu ihnen in Gleichnissen zu reden. (Er sagte:) "Ein Mann legte einen Weinberg an. Er umgab ihn mit einem Zaun, grub eine Kelter und baute einen Turm. Dann verpachtete er ihn an Winzer und ging außer Landes.

2 Als es Zeit war, schickte er einen Knecht zu den Winzern, um von ihnen seinen Anteil am Ertrag des Weinbergs zu holen.

3 Sie aber ergriffen ihn, schlugen ihn und jagten ihn mit leeren Händen davon.

4 Darauf schickte er einen zweiten Knecht zu ihnen. Aber auch den mißhandelten und beschimpften sie.

5 Er schickte noch einen dritten – den töteten sie – und so noch viele andere, die sie teils schlugen, teils töteten.

6 Nun hatte er noch einen einzigen, geliebten Sohn. Den sandte er zuletzt zu ihnen. Er dachte nämlich: 'Vor meinem Sohn werden sie Scheu haben.'

7 Allein die Winzer sagten zueinander: 'Das ist der Erbe. Auf, laßt uns ihn töten, dann wird sein Erbgut uns gehören!'

8 Sie ergriffen ihn also, töteten ihn und warfen ihn aus dem Weinberg hinaus.

9 Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Kommen wird er, die Winzer umbringen und den Weinberg andern geben.

10 Habt ihr nicht diese Schriftstelle gelesen: 'Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden:

11 das ist das Werk des Herrn, als ein Wunder steht es vor unseren Augen?'"

12 Sie hätten ihn gern festgenommen, fürchteten aber das Volk. Sie hatten nämlich gemerkt, daß er mit Blick auf sie das Gleichnis erzählt hatte. Sie verließen ihn und gingen davon.

 

Die Steuerfrage

13 Und sie sandten zu Jesus einige Pharisäer und einige Herodianer, damit sie ihn zu verfänglichen Äußerungen verleiteten.

14 Die kamen und sagten zu ihm: "Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst nicht auf das Ansehen des Menschen, sondern lehrst den Weg Gottes der Wahrheit gemäß. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht? Sollen wir sie zahlen, oder sollen wir sie nicht zahlen?"

15 Er durchschaute ihre Heuchelei und sagte zu ihnen: "Warum versucht ihr mich? Bringt mir einen Denar, damit ich ihn mir ansehe."

16 Sie brachten ihm einen. Er fragte sie: "Wessen Bild und Aufschrift ist das?" Sie antworteten: "Des Kaisers."

17 Jesus erwiderte ihnen: "Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" Da staunten sie sehr über ihn.

 

Die Auferstehungsfrage

18 Es kamen Sadduzäer zu ihm, die behaupten, es gäbe keine Auferstehung, um ihm eine Frage vorzulegen, und sagten:

19 "Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn der Bruder von einem stirbt und eine Frau hinterläßt, aber kein Kind, soll der Bruder die Frau nehmen und seinem (verstorbenen) Bruder Nachkommen erwecken.

20 Es waren sieben Brüder. Der erste nahm eine Frau und starb ohne Nachkommen.

21 Da nahm sie der zweite und starb ohne Nachkommen, ebenso auch der dritte.

22 Alle sieben hinterließen keine Nachkommen. Zuletzt von allen starb auch die Frau.

23 Wem von ihnen wird sie bei der Auferstehung – wenn sie auferstehen – als Frau gehören? Alle sieben haben sie ja zur Frau gehabt?"

24 Jesus erwiderte ihnen: "Irrt ihr euch nicht deshalb, weil ihr weder die Schrift noch die Macht Gottes kennt?

25 Wenn sie nämlich von den Toten auferstehen, nehmen sie nicht mehr zur Ehe und werden auch nicht mehr zur Ehe genommen, denn sie sind wie die Engel im Himmel.

26 Was aber die Auferweckung der Toten betrifft, habt ihr nicht im Buch Mose, in der Geschichte vom Dornbusch, gelesen, wie Gott zu Mose sagt: 'Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs?'

27 Er ist doch nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr seid also sehr im Irrtum."

 

Das größte Gebot

28 Einer von den Schriftgelehrten hatte ihrem Streitgespräch zugehört und bemerkt, wie treffend er ihnen geantwortet hatte. Nun trat er hinzu und fragte ihn: "Welches ist das erste von allen Geboten?"

29 Jesus antwortete: "Das erste lautet: Höre, Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein.

30 So sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.

31 Das zweite lautet: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ein größeres Gebot als diese gibt es nicht."

32 Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: "Gut, Meister! Der Wahrheit gemäß hast du gesagt: Es gibt nur einen (Gott), und außer ihm gibt es keinen anderen.

33 Ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist wertvoller als alle Brand- und Schlachtopfer."

34 Als Jesu sah, daß jener so verständig antwortete, sagte er zu ihm: "Du bist nicht fern vom Reich Gottes." Nun wagte es niemand mehr, ihm eine Frage vorzulegen.

 

Der Sohn Davids

35 Als Jesus im Tempel lehrte, warf er die Frage auf: "Wie können die Schriftgelehrten behaupten, der Messias sei der Sohn Davids?

36 David sagt doch selbst im Heiligen Geist: Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde als Schemel dir zu Füßen lege.

37 David selbst nennt ihn also 'Herr'. Wie kann er da sein Sohn sein?" – Die Volksmenge hörte ihm gern zu.

 

Warnung vor den Schriftgelehrten

38 Weiter sagte er in seiner Unterweisung: "Hütet euch vor den Schriftgelehrten! Sie mögen es, in langen Gewändern umherzugehen, auf den öffentlichen Plätzen gegrüßt zu werden,

39 in den Synagogen die ersten Sitze und bei den Gastmahlen die Ehrenplätze einzunehmen.

40 Sie reißen die Häuser der Witwen an sich und sprechen scheinheilig lange Gebete. – Ein umso strengeres Gericht haben sie zu erwarten."

 

Das Scherflein der Witwe

41 Jesus setzte sich dem Opferkasten gegenüber und schaute zu, wie das Volk Geld in den Opferkasten warf. Viele Reiche warfen viel hinein.

42 Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Lepta, das ist ein Quadrans, hinein.

43 Da rief er seine Jünger zu sich und sagte zu ihnen: "Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten gelegt als alle anderen, die etwas hineinwarfen.

44 Denn alle warfen von ihrem Überfluß hinein, sie aber warf aus ihrer Armut alles, was sie hatte, hinein, ihren ganzen Lebensunterhalt.

 

Kapitel 13: Weissung vom Ende

Anlaß

1 Als er aus dem Tempel ging, sagte einer von seinen Jüngern zu ihm: "Meister, sieh doch, was für Steine und was für Bauten!"

2 Jesus erwiderte ihm: "Siehst du diese Prachtbauten? Es wird nicht ein Stein auf dem anderen bleiben, der nicht niedergerissen wird."

3 Als er sich dann auf dem Ölberg dem Tempel gegenüber niedergelassen hatte, fragten ihn, da sie allein waren, Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas:

4 "Sag uns, wann wird dies geschehen, und was ist das Zeichen, daß dies alles sich vollendet?"

 

Vorausgehende Drangsale

5 Jesus antwortete ihnen: "Seht zu, daß euch niemand irreführt!

6 Viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: "Ich bin es!" Und sie werden viele irreführen.

7 Wenn ihr von Kriegen und Kriegsgerüchten hört, so laßt euch nicht erschrecken. Das muß kommen, bedeutet aber noch nicht das Ende.

8 Denn Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben, Erdbeben wird es geben an vielen Orten, Hungersnot wird herrschen – das ist der Anfang der Wehen.

9 Seht euch aber selber vor! Sie werden euch den Gerichten ausliefern, in den Synagogen euch schlagen und vor Statthalter und Könige stellen meinetwegen, ihnen zum Zeugnis.

10 Und allen Völkern muß zuerst das Evangelium verkündet werden.

11 Wenn man euch abführt, um euch vor Gericht zu stellen, macht euch nicht im voraus Sorgen, was ihr sagen sollt; sagt das, was euch in jener Stunde eingegeben wird! Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern der Heilige Geist.

12 Der Bruder wird den Bruder, der Vater den Sohn dem Tod überliefern. Kinder werden sich gegen ihre Eltern auflehnen und sie töten.

13 Um meines Namens willen werdet ihr von allen gehaßt werden. Wer aber ausharrt bis ans Ende, wird gerettet werden.

 

Vorzeichen der Zerstörung Jerusalems

14 Wenn ihr den Greuel der Verwüstung stehen seht, wo er nicht sein darf – wer es liest, der beachte es wohl! – dann sollen die Leute in Judäa in die Berge fliehen;

15 wer auf dem Dach ist, soll nicht erst hinabsteigen und ins Haus hineingehen, um etwas zusammenzupacken,

16 wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um seinen Mantel zu holen.

17 Wehe den hoffenden und stillenden Müttern in jenen Tagen.

18 Betet aber, daß es nicht im Winter geschehe.

19 In jenen Tagen wird eine Drangsal sein, wie es von Anbeginn der Schöpfung bis jetzt noch keine gegeben hat, noch je eine geben wird.

20 Hätte der Herr die Tage nicht abgekürzt, würde kein Mensch gerettet werden. Aber um der Auserwählten willen, die er erkoren, hat er die Tage abgekürzt.

21 Wenn dann jemand zu euch sagt: 'Hier ist der Messias!', oder: 'Dort ist er!', so glaubt es nicht!

22 Denn es werden falsche Messias und falsche Propheten auftreten und Zeichen und Wunder wirken, um, wenn möglich, die Auserwählten irrezuführen.

23 Seid also auf der Hut! Seht, ich habe euch alles vorausgesagt.

 

Wiederkunft Christi

24 In den Tagen nach jener Drangsal wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird seinen Schein verlieren,

25 die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels erschüttert werden.

26 Dann wird man den Menschensohn auf den Wolken kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit.

27 Er wird seine Engel aussenden und seine Auserwählten von den vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.

 

Gleichnis vom Feigenbaum

28 Vom Feigenbaum lernt das Gleichnis: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wißt ihr, daß der Sommer nahe ist.

29 So sollt auch ihr, wenn ihr dies eintreten seht, wissen, daß er nahe ist, vor der Tür.

30 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles eintrifft.

31 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

32 Jenen Tag aber oder die Stunde kennt niemand, nicht einmal die Engel im Himmel, auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater.

 

Mahnung zur Wachsamkeit

33 Habt acht, seid wachsam! Denn ihr wißt nicht, wann die Zeit da ist.

34 Es ist wie bei einem Mann, der auf Reisen ging. Als er sein Haus verließ, übergab er seinen Knechten die Verwaltung, wies jedem seine Aufgabe zu und trug dem Türhüter auf, wachsam zu sein.

35 Seid also wachsam! Denn ihr wißt nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, beim Hahnenschrei oder am Morgen.

36 Er könnte ja unvermutet kommen und euch schlafend antreffen.

37 Was ich euch aber sage, das sage ich allen: Seid wachsam!"

 

Kapitel 14: Jesu Leiden, Tod und Auferstehung

Beschluß des Hohen Rates

1 Zwei Tage vor dem Pascha, dem Fest der Ungesäuerten Brote, suchten die Hohenpriester und Schriftgelehrten nach einer Möglichkeit, ihn mit List zu ergreifen und zu töten.

2 Sie sagten: "Nur nicht am Fest, sonst entsteht ein Aufruhr im Volk."

 

Salbung in Betanien

3 Als Jesus in Betanien im Haus Simons des Aussätzigen zu Tisch saß, kam eine Frau mit einem Alabastergefäß voll kostbaren, echten Nardenöls. Sie zerbrach das Gefäß und goß das Öl über sein Haupt.

4 Darüber wurden einige unwillig und sagten zueinander: "Wozu diese Verschwendung des Salböls?

5 Man hätte es doch für mehr als dreihundert Denare verkaufen und den Erlös den Armen geben können." Und sie fuhren sie zornig an.

6 Jesus aber sagte: "Laßt sie! Warum kränkt ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan.

7 Denn Arme habt ihr stets bei euch und könnt ihnen Gutes tun, so oft ihr wollt; mich aber habt ihr nicht allezeit.

8 Sie hat getan, was sie konnte: sie hat meinen Leib im voraus für das Begräbnis gesalbt.

9 Wahrlich, ich sage euch: Überall in der ganzen Welt, wo das Evangelium verkündet wird, wird man auch zu ihrem Andenken erzählen, was sie getan hat."

 

Verabredung des Judas

10 Da ging Judas Iskariot, einer von den Zwölf, zu den Hohenpriestern, um ihnen Jesus zu überliefern.

11 Als sie das hörten, freuten sie sich und versprachen, ihm Geld dafür zu geben. Nun suchte er nach einer günstigen Gelegenheit, ihn auszuliefern.

 

Das letzte Abendmahl

12 Am ersten Tag der Ungesäuerten Brote, an dem man das Paschalamm schlachtete, fragten ihn seine Jünger: "Wohin sollen wir gehen, um für dich das Paschalamm zu bereiten?"

13 Da entsandte er zwei von seinen Jüngern und trug ihnen auf: "Geht in die Stadt. Da wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm!

14 Sagt zu dem Herrn des Hauses, in das er hineingeht: Der Meister läßt fragen: Wo ist das Gemach, in dem ich mit meinen Jüngern das Paschamahl halten kann?

15 Er wird euch im Obergeschoß einen geräumigen Saal zeigen, der mit Polstern versehen ist und bereitsteht. Dort bereitet es für uns!"

16 Die Jünger gingen in die Stadt und fanden es so, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Paschamahl.

17 Als es Abend geworden war, kam Jesus mit den Zwölfen.

18 Während sie zu Tisch saßen und aßen, sagte Jesus: "Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch, der mit mir ißt, wird mich verraten."

19 Da wurden sie traurig, und einer nach dem andern fragte ihn: "Doch nicht etwa ich?"

20 Er sagte zu ihnen: "Einer von den Zwölfen ist es, der mit mir (das Brot) in dieselbe Schüssel taucht.

21 Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht. Wehe aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für jenen Menschen wäre es besser, wenn er nicht geboren wäre."

 

Einsetzung der Eucharistie

22 Während des Mahles nahm Jesus Brot, sprach den Lobpreis, brach es und reichte es ihnen mit den Worten: "Nehmet hin, das ist mein Leib."

23 Dann nahm er den Kelch, sagte Dank und reichte ihn ihnen, und sie tranken alle daraus.

24 Und er sagte zu ihnen: "Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.

25 Wahrlich, ich sage euch: Ich werde von dem Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken bis zu dem Tag, da ich von ihm neu trinke im Reich Gottes."

 

Beteuerung der Jünger

26 Sie beteten den Lobgesang und gingen hinaus an den Ölberg.

27 Da sagte Jesus zu ihnen: "Ihr werdet alle zu Fall kommen; denn es steht geschrieben: 'Ich werde den Hirten schlagen, dann werden sich die Schafe zerstreuen.'

28 Aber nach meiner Auferweckung werde ich euch nach Galiläa vorausgehen."

29 Petrus sagte zu ihm: "Wenn auch alle zu Fall kommen werden, nicht aber ich!"

30 Da sagte Jesus zu ihm: "Wahrlich, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen."

31 Er aber beteuerte noch nachdrücklicher: "Selbst wenn ich mit dir sterben müßte, nie werde ich dich verleugnen." Ebenso redeten aber auch alle anderen.

 

Von Getsemani nach Golgota

Todesangst Jesu

32 Sie kamen zu einem Landgut, das Getsemani heißt. Da sagte er zu seinen Jüngern: "Setzt euch hier hin, während ich bete."

33 Nur Petrus, Jakobus und Johannes nahm er mit sich. Er begann zu zittern und zu zagen

34 und sagte zu ihnen: "Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht!"

35 Dann ging er ein wenig weiter, fiel zur Erde nieder und betete, es möge die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehen.

36 Er sagte: "Abba, Vater, dir ist alles möglich; nimm diesen Kelch von mir! Doch nicht, was ich will, sondern was du willst (soll geschehen)."

37 Er kam zurück und fand sie schlafend. Da sagte er zu Petrus: "Simon, du schläfst? Nicht einmal eine Stunde konntest du wachen?

38 Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet. Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach."

39 Und wieder ging er weg und betete mit denselben Worten.

40 Als er zurückkam, fand er sie abermals schlafend, denn die Augen waren ihnen zugefallen; und sie wußten nicht, was sie ihm antworten sollten.

41 Er kam zum drittenmal und sagte zu ihnen: "Ihr schlaft weiter und ruht euch aus? Genug! Die Stunde ist da. Jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Sünder überliefert.

42 Steht auf, laßt uns gehen! Seht, mein Verräter ist da!"

 

Gefangennahme

43 Während er noch redete, kam Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm im Auftrag der Hohenpriester, der Schriftgelehrten und der Ältesten eine Schar mit Schwertern und Knüppeln.

44 Sein Verräter hatte mit ihnen ein Zeichen verabredet und gesagt: "Den ich küssen werde, der ist es. Ergreift ihn und führt ihn ab; bewacht ihn gut."

45 Als er kam, trat er sogleich auf Jesus zu, sagte: "Meister!" – und küßte ihn.

46 Da legten sie Hand an ihn und ergriffen ihn.

47 Doch einer von denen, die dabeistanden, zog das Schwert, schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab.

48 Da sagte Jesus zu ihnen: "Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen, um mich gefangenzunehmen.

49 Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und lehrte, und ihr habt mich nicht festgenommen; aber das ist geschehen, damit die Schriften erfüllt werden."

50 Da verließen ihn alle und flohen.

51 Ein Jüngling aber, der nur mit einem linnenen Tuch bekleidet war, folgte ihm. Und sie faßten ihn.

52 Er aber ließ das Tuch fallen und lief nackt davon.

 

Jesus vor dem Hohen Rat

53 Sie führten Jesus zum Hohenpriester, und es versammelten sich alle Hohenpriester, die Ältesten und die Schriftgelehrten.

54 Petrus folgte ihm von fern bis in den Hof des Hohenpriesters. Er saß unter den Dienern und wärmte sich am Feuer.

55 Die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat suchten nach einer Zeugenaussage gegen Jesus, auf Grund der sie ihn zum Tod verurteilen könnten. Doch sie fanden keine.

56 Viele legten zwar falsches Zeugnis gegen ihn ab, aber ihre Aussagen stimmten nicht überein.

57 Einige von diesen falschen Zeugen sagten:

58 "Wir haben ihn sagen gehört: Ich werde diesen von Menschenhand erbauten Tempel niederreißen und in drei Tagen einen anderen aufbauen, der nicht von Menschenhand geschaffen ist."

59 Aber nicht einmal in diesem Punkt stimmte ihre Aussage überein.

60 Da erhob sich der Hohepriester, trat in die Mitte und fragte Jesus: "Erwiderst du nichts auf das, was diese gegen dich aussagen?"

61 Er aber schwieg und gab keine Antwort. Da richtete der Hohepriester an ihn die Frage: "Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?"

62 Jesus antwortete: "Ich bin es. Und sehen werdet ihr den Menschensohn sitzend zur Rechten des Allmächtigen und kommend mit den Wolken des Himmels."

63 Da zerriß der Hohepriester sein Gewand und rief: "Was brauchen wir noch Zeugen?

64 Ihr habt die Gotteslästerung gehört. Was meint ihr?" Da gaben sie alle das Urteil ab, er sei des Todes schuldig.

65 Darauf begannen einige ihn anzuspucken, verbanden ihm die Augen, schlugen ihn ins Gesicht und riefen: "Weissage!" Und die Diener schlugen ihn mit Stöcken.

 

Verleugnung des Petrus

66 Während Petrus unten im Hof war, kam eine von den Mägden des Hohenpriesters.

67 Sie sah, wie Petrus sich wärmte, schaute ihn an und sagte: "Auch du warst bei dem Nazarener, bei Jesus."

68 Er leugnete es aber mit den Worten: "Ich weiß nicht und verstehe nicht, was du da sagst!" – und ging hinaus in den Vorhof. [Da krähte ein Hahn.]

69 Als die Magd ihn da erblickte, sagte sie wiederum zu den Umstehenden: "Der ist einer von ihnen."

70 Doch er leugnete abermals. – Kurz darauf sagten die Umstehenden noch einmal zu Petrus: "Du bist wirklich einer von ihnen; du bist ja auch ein Galiläer."

71 Er aber fing an zu fluchen und zu schwören: "Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet."

72 Sogleich krähte ein Hahn zum zweitenmal. Und Petrus gedachte des Wortes, das Jesus zu ihm gesagt hatte: "Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen." Und er begann zu weinen.

 

Kapitel 15: Jesus vor Pilatus

1 Gleich in der Frühe hatten die Hohenpriester mit den Ältesten, den Schriftgelehrten und dem ganzen Hohen Rat den Beschluß fertiggestellt. Sie ließen ihn fesseln und abführen und lieferten ihn Pilatus aus.

2 Pilatus richtete an ihn die Frage: "Bist du der König der Juden?" Er gab ihm zur Antwort: "Du sagst es."

3 Die Hohenpriester erhoben vielerlei Anklagen gegen ihn.

4 Pilatus befragte ihn weiter und sagte: "Entgegnest du gar nichts? Hör' doch, was sie alles gegen dich vorbringen!"

5 Jesus aber gab keine Antwort mehr, so daß Pilatus sich wunderte.

6 Zu jedem Fest pflegte Pilatus einen Gefangenen freizugeben, den sie sich ausbaten.

7 Damals war nun mit anderen Aufrührern, die bei einem Aufstand einen Mord begangen hatten, einer namens Barabbas im Gefängnis.

8 Als nun die Volksmenge hinaufgekommen war und forderte, was er ihnen immer gewährte,

9 fragte sie Pilatus: "Soll ich euch den König der Juden freigeben?"

10 Er merkte nämlich, daß die Hohenpriester Jesus aus Mißgunst ausgeliefert hatten.

11 Die Hohenpriester aber hetzten das Volk auf, zu fordern, daß er ihnen lieber Barabbas freilasse.

12 Pilatus ergriff wieder das Wort und fragte sie: "Was soll ich nun mit dem tun, den ihr den König der Juden nennt?"

13 Sie schrien zurück: "Laß ihn kreuzigen!"

14 Pilatus fragte sie: "Was hat er denn Böses getan?" Sie schrien noch lauter: "Kreuzige ihn!"

15 Pilatus wollte die Masse zufriedenstellen und gab ihr Barabbas frei. Jesus aber ließ er geißeln und übergab ihn zur Kreuzigung.

 

Dornenkrönung

16 Die Soldaten führten ihn in das Innere des Palastes ab, das heißt in das Prätorium, und riefen die ganze Kohorte zusammen.

17 Sie zogen ihm einen Purpurmantel an, setzten ihm einen Dornenkranz auf, den sie geflochten hatten,

18 und grüßten ihn: "Heil dir, König der Juden!"

19 Sie schlugen ihm mit einem Rohr aufs Haupt, spien ihn an, beugten die Knie und huldigten ihm.

20 Nachdem sie ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider an. Dann führten sie ihn hinaus, um ihn zu kreuzigen.

 

Kreuzigung

21 Einen Mann, der vom Feld kam und gerade vorüberging, Simon von Zyrene, den Vater des Alexander und des Rufus, zwangen sie, ihm das Kreuz zu tragen.

22 Und sie führten ihn an den Ort Golgota, das heißt übersetzt: Schädelstätte.

23 Dort reichten sie ihm mit Myrrhe gewürzten Wein; er nahm ihn aber nicht.

24 Dann kreuzigten sie ihn und verteilten seine Kleider unter sich, indem sie das Los darüber warfen, was ein jeder bekommen sollte.

25 Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten.

26 Die Inschrift mit der Angabe seiner Schuld lautete: "Der König der Juden."

27 Mit ihm kreuzigten sie zwei Räuber, den einen zu seiner Rechten, den andern zu seiner Linken.

28 [So ging das Schriftwort in Erfüllung, das da lautet: "Er wird unter die Missetäter gezählt."]

 

Verspottung Jesu

29 Die Vorübergehenden lästerten ihn, schüttelten ihre Köpfe und sagten: "Na!, du willst doch den Tempel niederreißen und in drei Tagen wieder aufbauen?

30 Rette dich doch selbst und steige herab vom Kreuz!"

31 Ebenso höhnten auch die Hohenpriester; sie spotteten untereinander mit den Schriftgelehrten und sagten: "Anderen hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen.

32 Der Messias, der König Israels! Soll er doch jetzt vom Kreuz herabsteigen, damit wir es sehen und glauben." Auch die mit ihm gekreuzigt waren, schmähten ihn.

 

Jesu Tod

33 Um die sechste Stunde brach eine Finsternis über das ganze Land herein, die bis zur neunten Stunde herrschte.

34 In der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: "Eloï, Eloï, lama sabachthani?", das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

35 Einige von den Umstehenden hörten das und sagten: "Hört, er ruft Elija!"

36 Einer aber lief hin, füllte einen Schwamm mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. Er sagte: "Laßt uns doch sehen, ob Elija kommt, um ihn herabzunehmen."

37 Jesus aber stieß einen lauten Schrei aus und verschied.

38 Da riß der Vorhang des Tempels von oben bis unten entzwei.

39 Der Hauptmann, der ihm gegenüberstand und ihn so sterben sah, sagte: "Dieser Mensch war wirklich der Sohn Gottes."

40 Es waren auch Frauen da, die von fern zuschauten, darunter Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus dem Kleinen und Joses, sowie Salome.

41 Als er in Galiläa war, hatten sie ihn begleitet und für ihn gesorgt. – Noch viele andere Frauen waren da, die mit ihm nach Jerusalem hinaufgezogen waren.

 

Grablegung

42 Es war bereits Abend geworden. Weil Rüsttag war, der Tag vor dem Sabbat,

43 kam Josef von Arimathäa, ein vornehmer Ratsherr, der ebenfalls das Reich Gottes erwartete, faßte Mut, ging zu Pilatus hinein und bat um den Leichnam Jesu.

44 Pilatus wunderte sich, daß Jesus schon tot sein sollte. Er ließ daher den Hauptmann kommen und erkundigte sich bei ihm, ob er schon gestorben sei.

45 Als er es vom Hauptmann bestätigt fand, schenkte er Josef den Leichnam.

46 Der kaufte ein Leinentuch, nahm ihn ab und wickelte ihn in das Tuch. Dann legte er ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Vor den Eingang des Grabes wälzte er einen Stein.

47 Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Joses, sahen, wo er hingelegt wurde.

 

Kapitel 16: Auferstehung und Himmelfahrt

Die Frauen am Grab

1 Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

2 In der Morgenfrühe des ersten Wochentages, als die Sonne aufgegangen war, kamen sie zum Grab.

3 Sie sagten zueinander: "Wer wird uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?"

4 Doch als sie hinschauten, sahen sie, daß der Stein weggewälzt war; er war nämlich sehr groß.

5 Sie gingen in das Grab hinein und sahen zur Rechten einen Jüngling sitzen, der ein weißes Gewand trug. Da erschraken sie sehr.

6 Er aber sagte zu ihnen: "Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden. Er ist nicht hier. Seht die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte.

7 Nun geht hin und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat."

8 Sie gingen hinaus und eilten vom Grab weg; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie erfaßt. Und sie sagten niemand etwas davon, weil sie sich fürchteten.

 

Jesus erscheint den Seinen

9 Nach seiner Auferstehung, in der Frühe des ersten Wochentages, erschien Jesus zuerst Maria aus Magdala, aus der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte.

10 Die ging hin und berichtete es seinen trauernden und weinenden Gefährten.

11 Als diese hörten, daß er lebe und von ihr gesehen worden sei, glaubten sie es nicht.

12 Hierauf erschien er in einer anderen Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie aufs Land gingen.

13 Auch sie gingen hin und berichteten es den übrigen. Selbst ihnen glaubten sie nicht.

14 Später erschien Jesus auch den Elf, als sie zu Tisch saßen; er tadelte ihren Unglauben und ihre Herzenshärte, weil sie denen nicht geglaubt, die ihn als Auferweckten gesehen hatten.

 

Der Missionsbefehl

15 Dann sagte er zu ihnen: "Geht hin in alle Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!

16 Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.

17 Folgende Zeichen werden denen, die geglaubt haben, folgen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, in neuen Sprachen reden,

18 Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Todbringendes trinken, wird es ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden gesund werden."

 

Himmelfahrt

19 Nachdem nun der Herr Jesus zu ihnen gesprochen hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes.

20 Sie aber zogen aus und predigten überall. Der Herr wirkte dabei mit und bekräftigte das Wort durch beglaubigende Zeichen.